Der Restrukturierungsplan ist das zentrale Element des StaRUG. Attraktivität gewinnt das nicht öffentliche Sanierungsverfahren insbesondere dadurch, dass die Einbeziehung des Restrukturierungsgerichts möglich, aber nicht zwingend ist. Hier erfahren Sie mehr zum Ablauf des Restrukturierungsplans.
Ablauf des Restrukturierungsplans im Detail:
- Krisenfrüherkennung
- Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht
- Erstellung eines Restrukturierungsplans
- Unterbreitung des Planangebots
- Planabstimmung in Gläubigergruppen
- Bestätigung des Restrukturierungsplans oder Versagung der Bestätigung
- Ggf. Beantragung öffentlicher Bekanntmachung
1. Krisenfrüherkennung
Die Prämisse, dass je früher ein Unternehmen Sanierungsmöglichkeiten ergreift, desto mehr Handlungsspielräume bestehen und desto wahrscheinlicher der Sanierungserfolg ist, ist selbstverständlich nicht neu.
Entscheidende Voraussetzung für eine Sanierung mittels Restrukturierungsplan nach dem StaRUG ist, dass das Unternehmen lediglich drohend zahlungsunfähig ist. Ist es dagegen bereits zahlungsunfähig und/oder überschuldet besteht eine Insolvenzantragspflicht und es kommt nur eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in Betracht.
Der Restrukturierungsplan nach dem StaRUG bietet sich überdies meist in diesen Situationen an:
2. Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht
Will das Unternehmen zur Unterstützung seiner Sanierung mittels Restrukturierungsplan eines oder mehrere Verfahrenshilfen des StaRUG in Anspruch nehmen, ist Voraussetzung die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim zuständigen Restrukturierungsgericht. Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig. Zwar handelt sich dabei nicht um einen Antrag, der seitens des Gerichts zu bescheiden ist, sondern lediglich um eine einseitige Verfahrenshandlung des Schuldners. Allerdings hat der Schuldner mit der Anzeige die folgenden Unterlagen beizufügen:
- Entwurf des Restrukturierungsplans oder Konzept, soweit der Plan noch nicht erstellt ist.
- Darstellung des Stands der Verhandlung/Darstellung der Vorkehrung zur Erfüllung der Pflichten nach dem StaRUG.
- Erklärung, ob und wie in die Rechte von Verbrauchern oder KMU eingegriffen werden soll.
Mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (oder auch erst in einem weiteren Schritt), kann der Schuldner die von ihm gewählte Verfahrenshilfe beantragen. Folgende Sanierungsinstrumente sieht das StaRUG vor:
- die Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren (sog. „Stabilisierung“),
- die Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigungsfähigkeit des Restrukturierungsplans erheblich sind,
- die Durchführung der gerichtlichen Planabstimmung
- die Bestätigung des Restrukturierungsplans (zu empfehlen, wenn die Planabstimmung außergerichtlich erfolgt ist).
3. Erstellung eines Restrukturierungsplans
Sofern im Zeitpunkt der Anzeige des Restrukturierungsverfahrens ein ausgearbeiteter Planentwurf noch nicht vorliegt, ist im nächsten Schritt der Restrukturierungsplan zu erstellen.
a. Gestaltbare Rechtsverhältnisse
Bei der Erstellung eines Restrukturierungsplanes geht es in erster Linie darum, auf welche Art und Weise bestehende Rechtsverhältnisse restrukturiert werden können, um die Erhaltung des Unternehmens zu gewährleisten. Durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden können allerdings nur die folgenden Rechtsverhältnisse:
- sog. Restrukturierungsforderungen, d.h. Forderungen, die im Zeitpunkt der Vorlage des Restrukturierungsplans gegen den Schuldner begründet sind, auch wenn sie bedingt oder noch nicht fällig sind,
- sog. Absonderungsanwartschaften, d.h. die im Zeitpunkt der Vorlage des Restrukturierungsplans an Gegenständen bestehenden Rechte, welche im Fall der Insolvenzeröffnung zur Absonderung berechtigen würden (Beispiele: Grundschulden, Sicherungseigentum)
- Regelungen aus mehrseitigen Rechtsverhältnissen zwischen Schuldner und mehreren Gläubigern,
- Regelungen aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen, die Gläubigerrechte untereinander regelnden Rechtsverhältnissen,
- Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner (Beispiel: GmbH-Anteile),
- Drittsicherheiten von verbundenen Unternehmen.
Das Sanierungsverfahren ist kein Gesamtvollstreckungsverfahren, d.h. es können auch nur bestimmte Gläubiger, z.B. Finanzgläubiger, in den Restrukturierungsplan einbezogen werden.
Von vornherein von der Gestaltungsmöglichkeit ausgenommen sind dagegen:
- Forderungen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, insbesondere aus betrieblicher Altersversorgung,
- Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und aus Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgeldern etc. nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO,
Zudem besteht keine Möglichkeit nach dem StaRUG zur vorzeitigen Beendigung von Verträgen, insbesondere bei Mietverhältnissen.
b. Inhalte des Restrukturierungsplans
Der Restrukturierungsplan gliedert sich in
- einen darstellenden Teil und
- einen gestaltenden Teil.
Darstellender Teil
Der darstellende Teil enthält die Grundlagen und Auswirkungen des Restrukturierungsplans. Er dient damit der Information der Planbetroffenen, also der Gläubiger, deren Rechte in dem Plan geregelt werden sollen sowie des Restrukturierungsgerichts.
Insbesondere anzugeben sind
- die Krisenursachen,
- das Sanierungskonzept,
- eine Vergleichsrechnung (Darstellung der Auswirkungen des Plans auf die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen; je nachdem, ob die Fortführung oder Liquidation des Unternehmens bezweckt wird, unter Ansetzen von Fortführungs- oder Liquidationswerten),
- Auswahl der Planbetroffenen (nach gesetzlich festgelegten Kriterien),
- Gruppenbildung (nach gesetzlich festgelegten Kriterien; zum Beispiel: Potentiell Absonderungsberechtigte, Inhaber nachrangiger Forderungen, Anteilseigner etc.).
Gestaltender Teil
Der gestaltende Teil legt fest, welche Folgen für die Planbetroffenen eintreten sollen. Sofern im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt ist, wird das Unternehmen mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Gläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen aus den in den Plan einbezogenen Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften befreit.
Anzugeben sind daher insbesondere Restrukturierungsmaßnahmen wie
- Forderungskürzungen und
- Stundungen.
Zudem können auch Regelungen zu neuen Finanzierungen, z.B. zur Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten, die zur Restrukturierung auf Grundlage des Plans erforderlich sind, sowie deren Besicherung, aufgenommen werden. Die Aufnahme neuer Finanzierungen ist entsprechend zu begründen.
c. Anlagen zum Restrukturierungsplan
Darüber hinaus muss der Restrukturierungsplan die folgenden Anlagen enthalten:
- Begründete Erklärung zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan und Sicher- oder Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners,
- Vermögensübersicht mit den Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten bei Wirksamwerden des Plans,
- Ertrags- und Liquiditätsplanung.
4. Unterbreitung des Planangebots
Unabhängig davon, ob die Abstimmung über den Restrukturierungsplan außergerichtlich oder gerichtlich erfolgt, ist den Planbetroffenen das sog. Planangebot im Vorfeld an die Abstimmung zu übermitteln.
Das Planangebot hat insbesondere Folgendes zu enthalten:
- den vollständigen Restrukturierungsplan nebst Anlagen,
- den Hinweis darauf, dass der Plan bei mehrheitlicher Annahme und gerichtlicher Bestätigung auch gegenüber den Gläubigern wirksam wird, die dem Plan nicht zugestimmt haben,
- eine Darstellung der bereits angefallenen bzw. noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens (ggf. einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten).
Sofern im Rahmen der außergerichtlichen Versammlung die Abstimmung über den Restrukturierungsplan (s.u.) schriftlich erfolgen soll, hat das Planangebot zusätzlich zu enthalten:
5. Planabstimmung in Gläubigergruppen
Auf die Unterbreitung des Planangebots folgt die Abstimmung über den Restrukturierungsplan. Das Unternehmen hat die Wahl, ob dies mit oder ohne Beteiligung des Gerichts geschieht.
a. Außergerichtliche Abstimmung über den Restrukturierungsplan
Die außergerichtliche Abstimmung wird von dem Unternehmen privat organisiert. Bei der Versammlung hält es den Vorsitz.
Die Einladung der Planbetroffenen erfolgt
- schriftlich,
- mit einer Frist von 14 Tagen (bei elektronischer Teilnahme 7 Tage).
Praxishinweis von Frau Dr. Jana Julia Hübler:
Das Unternehmen kann eine Versammlung auch auf elektronischem Wege, zB im Rahmen einer Videokonferenz, durchführen. Dabei ist darauf zu achten, dass die technischen Voraussetzungen gegeben sind und alle teilnehmenden Planbetroffenen durchgängig alle wesentlichen Vorgänge der Verhandlung wahrnehmen, sich äußern und (auch mit anderen Teilnehmern) kommunizieren können. Technische Übertragungsschwierigkeiten gehen zu Lasten des Unternehmens und es hat im Zweifel nachzuweisen, dass die Gründe für die Übertragungsschwierigkeiten nicht in seiner Verantwortungssphäre liegen.
Im Rahmen der Versammlung kann der Restrukturierungsplan in einzelnen Punkten abgeändert werden. Grundsätzlich sind Abänderungswünsche dem Unternehmen mindestens 1 Tag vor Beginn der Versammlung zu unterbreiten. Verspätet eingegangene oder erst im Rahmen der Versammlung unterbreitete Abänderungsvorschläge kann das Unternehmen übernehmen, muss es aber nicht.
b. Gerichtliche Abstimmung über den Restrukturierungsplan
Die Gerichtliche Planabstimmung findet im Rahmen eines sog. Erörterungs- und Abstimmungstermins statt. In diesem können sowohl der Restrukturierungsplan als auch die Stimmrechte der Planbetroffenen erörtert werden. Im Anschluss findet die Abstimmung über den Plan statt.
Praxishinweis von Dr. Jana Julia Hübler:
Der Vorteil einer gerichtlichen Planbestätigung besteht darin, dass Streit über den ordnungsgemäßen Ablauf des Abstimmungsverfahrens bereits im Vorfeld vermieden werden kann. Dieser kann letztlich zur Versagung der Planbestätigung führen.
c. Bildung der erforderlichen Mehrheit
Abgestimmt wird nach dem im Restrukturierungsplan angegebenen Gruppen.
Stimmrechte
Über die Annahme bzw. Ablehnung des Restrukturierungsplans entscheiden die Planbetroffenen mittels Abstimmung entsprechend ihrer Stimmrechte. Diese richten sich nach folgenden Kriterien
Recht des Beteiligten | Kriterium |
---|---|
Restrukturierungsforderungen | Betrag der Forderung |
Absonderungsanwartschaften und gruppeninternen Drittsicherheiten | Wert des Vermögensgegenstands bzw. der Sicherheit |
Anteils-/Mitgliedschaftsrechte | Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners |
Erforderliche Mehrheit
Der Restrukturierungsplan ist angenommen, wenn in jeder Gruppe auf die dem Plan zustimmenden Gruppenmitglieder mindestens 75 % der Stimmrechte in dieser Gruppe entfallen. Eine Kopfmehrheit ist nicht erforderlich.
Minderheitenschutz
Wird in einer Gruppe die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, sieht das StaRUG ein Obstruktionsverbot, sog. cross class cram down, vor. Danach gilt die Zustimmung einer Gruppe unter den folgenden Voraussetzungen als erteilt, wenn:
- die Mitglieder dieser Gruppe durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als ohne den Plan,
- die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert, der den Planbetroffenen zufließen soll, angemessen beteiligt werden und
- die Mehrheit der abstimmenden Gruppen mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt hat.
6. Bestätigung des Restrukturierungsplans oder Versagung der Bestätigung
a. Bestätigung des Plans
Damit die im Restrukturierungsplan festgelegten Wirkungen auch gegenüber solchen Gläubigern eintreten, die gegen den Restrukturierungsplan gestimmt haben, ist eine gerichtliche Planbestätigung erforderlich. Diese erfolgt nur auf Antrag des Unternehmens.
Wird die Bestätigung eines außergerichtlich angenommenen Restrukturierungsplans beantragt, sind dem Antrag
- der zur Abstimmung gestellte Restrukturierungsplan nebst Anlagen,
- die Dokumentation über das Abstimmungsergebnis,
- sämtliche Urkunden und sonstige Nachweise, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt bzw. zu welchem Ergebnis sie geführt hat,
beizufügen.
Die vorherige Anhörung der Planbetroffenen durch das Restrukturierungsgericht ist im Falle einer gerichtlichen Planabstimmung möglich, im Falle einer außergerichtlichen zwingend.
b. Versagung der Bestätigung
Das Restrukturierungsgericht kann die Bestätigung des Restrukturierungsplans von Amts wegen versagen, wenn
- das Unternehmen nicht drohend zahlungsunfähig ist,
- gegen die Anforderungen an den Restrukturierungsplan bzw. die Planabstimmung verstoßen wurde und der Mangel nicht innerhalb einer angemessenen Frist behoben werden kann,
- die durch den Plan gestalteten Ansprüche der Planbetroffenen offensichtlich nicht erfüllt werden können.
Gegen die Versagung steht dem Unternehmen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.
7. Ggf. Beantragung öffentlicher Bekanntmachung
Die Sanierung mittels Restrukturierungsplan nach dem StaRUG ist grundsätzlich nicht öffentlich. Der Schuldner kann aber die öffentliche Bekanntmachung beantragen. Allerdings treten die entsprechenden Regelungen erst am 17.07.2022 in Kraft.
Praxishinweis von Frau Dr. Jana Julia Hübler:
Öffentliche Bekanntmachungen sind vor allem dann erforderlich, wenn das Unternehmen ausländische Geschäftsbeziehungen unterhält und eine Anerkennungswirkung nach den Regelungen der EuInsVO anstrebt.
Dr. Jana Julia Hübler
Autorin dieses Beitrags
Dr. Jana Julia Hübler ist Rechtsanwältin in unserem Kölner Büro und auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung sowie des Insolvenz- und Restrukturierungsrechts tätig. Zu ihren Schwerpunkten zählen die Abwicklung von Insolvenzverfahren aus unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen sowie die Fortführung und Sanierung insolventer Unternehmen.
Sie ist u.a. Autorin im Nerlich/Römermann, Kommentar zum StaRUG, der im Laufe des Jahres 2021 erscheinen wird.